Wichtigster Butyrat-Bildner im Darm

Faecalibacterium prausnitzii

Das Bakterium Faecalibacterium prausnitzii – einer der häufigsten und wichtigsten Bewohner im menschlichen Dickdarm – gilt als Bioindikator für die menschliche Gesundheit.1
Sobald seine Zellzahlen verringert sind, begünstigt das Entzündungen und zahlreiche Erkrankungen wie entzündliche Darmerkrankungen, Darmkrebs, aber auch Typ-2-Diabetes.
Mittels einer Ballaststoff-reichen Ernährung und durch die Einnahme des Bakteriums des Jahres 2023 – Bacillus subtilis – lässt sich Faecalibacterium prausnitzii fördern.

Abbildung von Darmflora Bakterien.

Bei gesunden Erwachsenen macht Faecalibacterium prausnitzii mehr als 5 Prozent aller Bakterien im Darm aus und ist damit eines der häufigsten Darmbakterien.2 Da es strikt anaerob (= ohne Sauerstoff) lebt, ist es auf den sauerstofffreien Dickdarm beschränkt. Dort baut F. prausnitzii  Ballaststoffe ab und produziert die kurzkettige Fettsäure Butyrat (Buttersäure). Butyrat ist der Nährstoff unserer Darmschleimhautzellen3 und wirkt antientzündlich3, 4.

F. prausnitzii schützt vor Entzündungen

Aber nicht nur durch die produzierte Buttersäure wirkt Faecalibacterium prausnitzii positiv gegen Entzündungen, sondern auch durch die Produktion von Salicylsäure1, 4 und eines mikrobiellen entzündungshemmenden Moleküls (Microbial Anti-inflammatory Molecule = MAM).5

Laboruntersuchungen6 mit spezifischen Zell-Linien ergaben: Stoffwechselprodukte von F. prausnitzii können die Aktivierung des – mit Entzündungen verbundenen – Transkriptionsfaktors NF-κB und die Sekretion des pro-entzündlich wirkenden Zytokins (=  Botenstoffs) IL-8 hemmen. Periphere mononukleäre Blutzellen (= einkernige Zellen des Blutes mit rundem Zellkern wie Lymphozyten und Monozyten) produzierten in Anwesenheit von F. prausnitzii deutlich weniger der entzündungsfördernden Botenstoffe IL-12- und IFN-gamma, während sie vermehrt das anti-entzündliche Zytokin IL-10 sezernierten.6

Da Faecalibacterium prausnitzii  eines der wichtigsten Butyrat-Produzenten im Darm ist7 hat sein Fehlen negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. So korrelieren die Zellzahlen von F. prausnitzii beispielsweise negativ mit der Aktivität entzündlicher Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)1, 8 und mit Darmkrebs1: In einer klinischen Studie waren verringerte F. prausnitzii-Zellzahlen mit einem höheren Risiko für ein postoperatives Wiederauftreten des Morbus Crohn  im Ileum (= unterer Teil des Dünndarms) verbunden, nachdem von der Krankheit betroffene Darmabschnitte entfernt worden waren.6 Aber auch Reizdarm-Betroffenene haben verminderte Mengen von F. prausnitzii im Darm.9

Faecalibacterium prausnitzii ist bei übergewichtigen Personen und Menschen mit Typ-2-Diabetes nur in geringen Zellzahlen im Darm zu finden.

Faecalibacterium prausnitzii  bei Typ-2-Diabetes vermindert

Darmbakterien unterstützen nicht nur die Verdauung, sondern wirken mit ihren Stoffwechselprodukten und Zellwandbestandteilen sowie bakteriell gebildeten Botenstoffen (Hormone und Neurotransmitter) über den Darm hinaus. So stehen negative Veränderungen in der Darmmikrobiota auch mit Stoffwechselstörungen in Verbindung. Beispiele sind deutliches Übergewicht (Adipositas) und ein erhöhter Blutzuckerspiegel.

Hierbei spielt die Funktion der Dambarriere eine wichtige Rolle, wie Studien – besonders an Mäusen – zeigen konnten10:
Ist die Darmbarriere gestört, ermöglicht sie das Eindringen von Bakterien und ihren Bestandteilen, wie beispielsweise LPS (= Lipopolysaccharide, aus der Zelllwand Gram-negativer Bakterien) ins Körperinnere und ins Blutsystem. Kommen die körperfremden Substanzen mit dem submukosalen (Submukosa = Zellschicht unter der Darmepithelschicht) Immunsystem  in Kontakt, lösen sie eine – oft unterschwellige – Entzündung = Silent Inflammation im Körper aus. Die Entzündung kann die Signalübertragung in stoffwechselaktiven Geweben stören. Konkret befeuern Entzündungsbotenstoffe beispielsweise eine Insulinresistenz, bei der Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren. In der Folge steigt das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln.

Ein Hinweis auf den kausalen Zusammenhang mit Darmbakterien liefern Querschnittsstudien: Denn bestimmte Bakterienpopulationen – wie beispielsweise Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii  – sind bei schlanken Personen stärker vertreten als bei übergewichtigen oder stoffwechselgestörten Menschen.10

Butyrat wirkt antikanzerogen, antientzündlich und antidiabetogen

Butyrat ist für Typ-2-Diabetiker besonders wichtig

Die kurzkettige Fettsäure Butyrat (Buttersäure) entsteht im Dickdarm durch den mikrobiellen Abbau unverdauter Kohlenhydrate im Dickdarm. Butyrat steht mit der Gesundheit des Dickdarms in Verbindung, da die Buttersäure die Zellen der Darmschleimhaut (Kolonozyten) ernährt. Als Säure senkt Butyrat den pH-Wert im Darm11 und hindert so zahlreiche unerwünschte Mikroorganismen - wie beispielsweise Fäulniskeime - an Ansiedlung und Vermehrung.
Außerdem haben verschiedene Studien die antikarzinogene und entzündungshemmende Wirkung von Butyrat gezeigt:

  • So stimuliert Butyrat die Teilung gesunder Epithelzellen, hemmt aber die Teilung kolorektaler Krebszellen und induziert deren programmierten Zelltod (Apoptose).11
  • Das Enzym Hexokinase 2 (HK2) wird bei Entzündungen im Darm verstärkt produziert. Butyrat senkt die HK2-Spiegel in Darmepithelzellen und hemmt so Entzündungen.11
  • Butyrat wirkt oxidativem Stress im Darm entgegen.12

Außerdem verbessert Butyrat die Barrierefunktion des Darmepithels, indem es die Mukus-Bildung, die Bildung von Tight-Junction-Proteinen und (die Bildung antimikrobieller Peptide stimuliert.11

Insbesondere für Menschen mit einem Typ-2-Diabetes wirkt Butyrat mehrfach positiv:

  • Butyrat verbessert die Insulin-stimulierte Aufnahme von Glukose in die Zellen, wirkt also einer Insulinresistenz entgegen.13
  • Butyrat fördert im Darm die Bildung des Hormons Glucagon-like Peptide-1, kurz GLP- 1. GLP-1 stimuliert nach dem Essen (= postprandial) die β-Zellen zur Insulinsekretion.14
  • In der Bauchspeicheldrüse verändert Butyrat die Aktivität des Enzyms Histon-Deacetylase. Das bewirkt eine verbesserteZellteilung, Differenzierung und Funktion der Insulin-produzierenden β-Zellen. Außerdem verlängert sich die Lebenszeit der β-Zellen.15
Kartoffelsalat

Ausgewählte Ballaststoffe fördern Faecalibacterium prausnitzii

Faecalibacterium prausnitzii ist extrem sauerstoffempfindlich, deshalb ist seine industrielle Anwendung als Probiotikum einschränkt. Aber mit der richtigen Ernährung können wir das Wachstum des Bakteriums unterstützen.

Immer noch gilt: "Der Mensch ist, was er isst". Leider essen wir in der westlichen Welt zu wenige Ballaststoffe – dabei ernähren wir damit gesundheitsfördernde Darmbakterien. Ballaststoffe wie Inulin, Oligofruktose und resistente Stärke sind in Obst, Gemüse und Vollkorn- Getreideprodukten enthalten. Deshalb ist es sinnvoll, mehr pflanzliche Kost zu verzehren.

Insbesondere resistente Stärke fördert Butyrat-bildende Bakterien wie F. prausnitzii, Roseburia faecis und Eubacterium rectale, die zusammen bis zu 30 Prozent der Dickdarm-Bewohner ausmachen können. Dabei bezieht sich "resistent" auf die Verdaulichkeit: Menschliche Verdauungsenzyme können die resistente Stärke – im Gegensatz zu normaler Stärke  – nicht abbauen und so gelangt die resistente Stärke unverändert in den Dickdarm. Dort erst können Darmbakterien sie abbauen und daraus kurzkettige Fettsäuren bilden.

Resistente Stärke wird in verschiedene Typen unterteilt:

  • Resistente Stärke vom Typ 2 ist beispielsweise in grünen Bananen enthalten. Bei der Reifung entsteht daraus normale Stärke, die wir Menschen verdauen können. Um in den Genuss der resistenten Stärke zu kommen, sollten wir Bananen also noch leicht unreif verzehren.
  • Für die Ernährung wertvoll ist resistente Stärke vom Typ 3 (= retrogradierte Stärke). Sie findet sich in gekochten und wieder (auf 4 – 5 °C) abgekühlten stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Nudeln und Reis. Deshalb enthält ein Kartoffelsalat im Gegensatz zu normalen gekochten Kartoffeln mehr Ballaststoffe.
    Auch erhitzte und wieder abgekühlte Hülsenfrüchte wie beispielsweise tiefgekühlte Erbsen liefern resistente Stärke.16
    Die abgekühlten Lebensmittel enthalten etwa 5 – 15 Prozent resistente Stärke in der Trockenmasse.17
    Resistente Stärke vom Typ 3 gibt es auch als Nahrungsergänzungsmittel.

Um gesundheitsfördernde Effekte zu erzielen, empfehlen Wissenschaftler, etwa. 6 Gramm resistente Stärke pro Mahlzeit zu verzehren; das sind etwa 18 Gramm am Tag. Wie jedoch eine Studie mit Amerikanern gezeigt hat, verzehren sie im Rahmen ihrer westlichen Ernährung ("Western Diet") nur etwa 5 Gramm pro Tag, also deutlich weniger.17

Eine Kombination aus Bacillus subtilis DSM 32315 plus dem Dipeptid L-Alanyl-L-Glutamin ist ein praktischer Ansatz gegen einen erhöhten Blutzuckerspiegel (= Hyperglykämie).

Bacillus subtilis DSM 32315 + Dipeptid unterstützen F. prausnitzii

Mittels eines Darm-Screening-Modells identifizierten Wissenschaftler einen probiotischen Bacillus-Stamm, der in Kombination mit einem Dipeptid (= Molekül aus zwei Aminosäuren) die mikrobielle Butyratproduktion und damit die Butyratkonzentration im Darm erhöht –  nicht nur im Labor (in vitro), sondern auch bei Menschen (in vivo).18 Das Synbiotikum (= Probiotikum + Prebiotikum) aus Bacillus subtilis DSM 32315 plus dem Dipeptid L-Alanyl-L-Glutamin und weiteren Inhaltsstoffen ergab deutlich erhöhte Butyratmengen und Zellzahlen Butyrat-produzierender Bakterien wieFaecalibacterium prausnitzii.18, 19

Nach einer Pilotstudie mit gesunden Teilnehmern18 führten die Wissenschaftler eine Studie mit 180 Teilnehmern19 durch und stellten fest: Nach 4 Wochen mit täglicher Einnahme von 2 Kapseln des Synbiotikums hatten sich bei der Hälfte der Menschen mit Prädiabetes (= Vorstufe eines Typ-2-Diabetes) die zuvor erhöhten Blutwerte für Nüchtern-Blutzucker und HbA1c wieder normalisiert.19 Sie waren demzufolge keine Prädiabetiker mehr.

  1. Ferreira-Halder CV et al. Action and function of Faecalibacterium prausnitzii in health and disease. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2017; 31 (6): 643-648.
  2. Miquel S et al. Faecalibacterium prausnitzii and human intestinal health. Curr Opin Microbiol. 2013; 16 (3): 255-61.
  3. Koh A et al. From Dietary Fiber to Host Physiology: Short-Chain Fatty Acids as Key Bacterial Metabolites. Cell. 2016; 165 (6): 1332-1345.
  4. Miquel S et al. Identification of Metabolic Signatures Linked to Anti-Inflammatory Effects of Faecalibacterium prausnitzii. mBio. 2015; 6(2): e00300-15.
  5. Quévrain E et al. Identification of an anti-inflammatory protein from Faecalibacterium prausnitzii, a commensal bacterium deficient in Crohn's disease. Gut. 2016; 65(3): 415–425.
  6. Sokol H et al. Faecalibacterium prausnitzii is an anti-inflammatory commensal bacterium identified by gut microbiota analysis of Crohn disease patients.Proc Natl Acad Sci U S A. 2008;105 (43): 16731-6.
  7. Effendi RMRA et al.Akkermansia muciniphila and Faecalibacterium prausnitzii in Immune-Related Diseases. Microorganisms. 2022; 10 (12): 2382.
  8. Gałecka M et al., 2013: Faecalibacterium prausnitzii and Crohn's disease - is there any connection? Pol J Microbiol. 62(1):91-95.
  9. Lopez-Siles M et al. Changes in the Abundance of Faecalibacterium prausnitzii Phylogroups I and II in the Intestinal Mucosa of Inflammatory Bowel Disease and Patients with Colorectal Cancer. Inflamm Bowel Dis  2016; 22 (1): 28-41.
  10. Stenman LK et al. Establishing a causal link between gut microbes, body weight gain and glucose metabolism in humans - towards treatment with probiotics.Benef Microbes. 2016; 7 (1): 11-22.
  11. Cani P. et al. Metabolic Endotoxemia initiates obesity and insulin resistance. Diabetes 2007: 1761.
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  19. Kordowski A et al. A nutritional supplement based on a synbiotic combination of Bacillus subtilis DSM 32315 and L-alanyl-L-glutamine improves glucose metabolism in healthy prediabetic subjects – A real-life post-marketing study. Front Nutr. 2022; 9: 1001419.

 

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