Infektionen

Probiotika begleitend zu Antibiotika einnehmen

Vor allem antibiotisch behandelte Patienten in Krankenhäusern erkranken häufig und teilweise wiederkehrend an Darmentzündungen, die das Bakterium Clostridioides (früher: Clostridium) difficile auslöst. Die meisten Infektionen verlaufen mit leichten bis mittelschweren Symptomen, gefürchtet ist aber die potentiell tödlich verlaufende pseudomembranöse Kolitis. Probiotika können die Darmmikrobiota während einer antibiotischen Behandlung unterstützen, damit sich Clostridioides difficile nicht unkontrolliert ausbreiten kann. Bei wiederkehrenden Infektionen mit dem Bakterium kann eine Fäkaltransplantation das gesamte Darmmikrobiom regenerieren.

Ursache

Infektionen mit Clostridioides difficile

Seit etwa dem Jahr 2000 haben Infektionen mit Clostridioides difficile stark zugenommen.

Clostridioides (vorher: Clostridium) difficile (CD) ist ein Gram-positives, anaerobes Bakterium, das hauptsächlich über die Nahrung in den Körper gelangt. Die meisten gesunden Menschen beherbergen das Bakterium völlig symptomfrei, geschwächte oder ältere Menschen können aber an den Toxinen erkranken, die das Bakterium produziert.
Ausgehend von den USA breitet sich seit fast 20 Jahren ein neuer Clostridioides difficile-Typ aus: der NAP1-Stamm. Die Abkürzung steht für North American Pulsed field type 1, in Europa wird der Stamm auch als R027 bezeichnet. Durch eine kleine Mutation ist seine Virulenz sehr viel höher als die der herkömmlichen Stämme. Der Grund: Die Mutation lässt das Bakterium 16 mal mehr Toxin A und 23 mal mehr Toxin B produzieren als andere Clostridioides difficile-Stämme.

Clostridioides difficile ist einer der häufigsten Krankenhauskeime.

Vor allem antibiotisch behandelte Krankenhauspatienten sind von CD betroffen

Clostridioides difficile schwächt dort vor allem Patienten, bei denen Antibiosen oder Chemotherapien die schützenden Bakterienarten der Darmflora zurückgedrängt haben. Die Symptome einer CD-Infektion reichen von leichten Durchfällen bis zur potentiell tödlich verlaufenden pseudomembranösen Kolitis. 

Bei der pseudomembranösen Kolitis verbindet sich das Fibrin aus der entzündeten Darmwand mit den Granulozyten und zerstörten Darmzellen zu einer weißen Schicht. In der Folge erschlafft der Darm und weitet sich aus, ein toxisches Megakolon entsteht. Im betroffenen Darmabschnitt vermehrt sich Clostridioides difficile noch stärker als im übrigen Darm und löst die Darmwände schließlich auf. Die sich ausbreitenden Bakterien können eine tödlich verlaufende Sepsis verursachen.

Schutz

Eine intakte Darmflora schützt vor Clostridioides difficile

Der Einsatz von Antibiotika verringert die Biodiversität der Darmflora.

Der beste Schutz gegen eine Infektion mit Clostridioides difficile ist eine intakte Darmflora. Bei einer akuten Infektion helfen zwar Antibiotika gegen Clostridium difficile, sie verringern die Biodiversität der Darmflora aber weiter. So lässt sich zwar eine aktuelle CD-Infektion zunächst bekämpfen, die Therapie macht den Körper aber anfällig für weitere Infektionen mit dem toxinbildenden Stäbchenbakterium. Daher sind wiederkehrende CD-Infektionen ein häufiges Phänomen. Probiotika wirken dem entgegen, indem sie dem Darm schützende Bakterienarten zuführen und so die Verbreitung von Clostridioides difficile eindämmen.

Die Studienergebnisse legen nahe, allen antibiotisch behandelten Krankenhauspatienten prophylaktisch Probiotika mit Laktobazillen oder probiotischen Mischungen zu verabreichen - und zwar begleitend zur Antibiose.

Probiotika können einer CD-Infektion vorbeugen

Eine Meta-Analyse1 aus 2016 hat die Ergebnisse aus 17 randomisierten, kontrollierten Studien zum Einsatz von Probiotika gegen Clostridioides difficile-Infektionen zusammengefasst. Bei allen betrachteten Studien nahmen die Patienten die probiotischen Bakterien zusätzlich zur antibiotischen Behandlung ein, um eine Erst-Infektion mit Clostridioides difficile zu vermeiden. Die Studienteilnehmer waren zwischen 55 und 77 Jahren alt, zwischen 40 und 2.981 Teilnehmer waren in die einzelnen Studien eingeschlossen. In jeweils sechs Studien testeten die Wissenschaftler Probiotika mit Laktobazillen oder der Hefe Saccharomyces boulardii. In fünf Studien setzten sie Mischungen aus mehreren probiotischen Organismen ein, meist Mischungen aus Laktobazillen und Bifidobakterien. 

Das Ergebnis: Behandlungen mit reinen Laktobazillenpräparaten und mit probiotischen Mischungen waren einem Placebo beim Vermeiden von Clostridioides difficile-Infektionen überlegen. Der Effekt von Saccharomyces boulardii-Präparaten hingegen entsprach lediglich dem eines Placebos. Die Studienergebnisse legen nahe, allen antibiotisch behandelten Krankenhauspatienten prophylaktisch Probiotika mit Laktobazillen oder probiotischen Mischungen zu verabreichen.

In 2017 gab es zwei vielbeachtete große Studien:
Eine Meta-Analyse2 durch Nicole Shen mit mehr als 6.000 eingeschlossenen Patienten ergab einen deutlichen Vorteil für hospitalisierte Patienten durch eine Probiotika-Einnahme, um einer C. difficile-Infektion vorzubeugen. Wirksam waren auch hier Laktobazillen alleine oder in Kombination mit weiteren probiotischen Arten wie beispielsweise Bifidobakterien - und zwar in höherer Konzentration. Bedingung: Die Probiose musste spätestens innerhalb von zwei Tagen nach der ersten antibiotischen Dosis erfolgen.

Ein Cochrane-Review3 bestätigte die Ergebnisse anhand der Daten von über 8.000 Patienten aus 31 Studien. Um einer C. difficile-assoziierten Diarrhoe vorzubeugen, waren Probiotika in Dosen von 1 bis 5 x1010 Bakterien notwendig. Die Autoren kamen zu dem Schluss: Die  Anwendung von Probiotika begleitend zu einer Antibiose ist sicher und effektiv.

Fäkaltransplantationen – Studienlage noch nicht aussagekräftig

Besonders bei rezidivierenden Clostridioides difficile-Infektionen kann eine Fäkaltransplantation helfen, die gestörte Darmflora komplett neu aufzubauen. Dabei übertragen Ärzte das gesamte Mikrobiom eines Spenderstuhls auf den Patienten. Wichtig ist ein gesunder Spender mit einer eubiotischen Darmmikrobiota, um keine Krankheiten zu übertragen. In Fallstudien lagen die Erfolgsquoten zwar zwischen 48 und 100 Prozent, die Studienlage ist aber noch zu dünn, um eine abschließende Bewertung treffen zu können. Bei den meisten Studien fehlen die Langzeitdaten, was die Beurteilung der Fäkaltransplantation zusätzlich erschwert.

Auf den Punkt gebracht

Zusammenfassung

  • Clostridioides difficile gelangt meist über die Nahrung in den Körper. 

  • Geschwächte oder ältere Menschen können an den Toxinen erkranken.

  • Symptome: von leichten Durchfällen bis zur potentiell tödlich verlaufenden pseudomembranösen Kolitis.

  • Vor allem antibiotisch behandelte Krankenhauspatienten sind betroffen.

  • Der beste Schutz ist eine intakte Darmflora.

  • Mehrere Meta-Analysen zeigten: Probiotika (reine Laktobazillenpräparate und probiotische Mischungen) können Erstinfektion mit Clostridioides difficile verhindern.

  • Bei Fäkaltransplantationen ist die Studienlage noch nicht aussagekräftig.

Literatur

 

 

1) Butler M, Olson A, Drekonja D, Shaukat A, Schwehr N, Shippee N, Wilt TJ. Early Diagnosis, Prevention, and Treatment of Clostridium difficile: Update. Rockville (MD): Agency for Healthcare Research and Quality (US); 2016 Mar.

2) Shen N. T. et al. Timely Use of Probiotics in Hospitalized Adults Prevents Clostridum difficile Infections. Gastroenterology 2007; 152:1889

3) Goldenberg J. Z. et al. Probiotics for the prevention of Clostridium difficile-associated diarrhea in adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017, Issue 12. Art. No.: CD006095

Fordern Sie gerne unseren Sonderdruck an: "Probiose bei Antibiose – sinnvoll oder nicht?"
Er stammt aus der Zeitschrift OM & Ernährung, Nr. 165 aus 2018.

Volltextsuche innerhalb der Webseite: